Systemisches Atelier

Wer fährt den Bus? Oder was ist NLP?

Das war eine oft gehörte Frage meines NLP-Ausbilders, die ich mir auch nach 20 Jahren noch oft selber stelle.

Sie bezieht sich auf den Bus voller Persönlichkeitsanteile in uns und das Kuddelmuddel der inneren Anteile, die alle die Kontrolle am Lenkrad der Entscheidungen wollen.

 

Die Richtung wird unklar, die Sicht ist ein wenig nebulös, die Reise scheint schon eine Weile wie auf Autopilot zu laufen und dann plötzlich, übernimmt ungefragt ein Passagier – oder wer ist der Typ? – unaufgefordert das Lenkrad. Hey! Wer fährt hier den Bus? Einfach mal laut in den Raum gerufen: Wer fährt hier den Bus?!

 

 

NLP – Neuro Linguistisches Programmieren – erschien mir

wie eine lang ersehnte Bedienungsanleitung für mein Nervensystem.

Ich lernte bewusst Verantwortung für meine Gefühle und meinen Blick auf die Welt zu übernehmen.

 

 

Was also ist NLP?

NLP ist eine Sammlung von Techniken und Methoden, die in den 80er Jahren durch Forschung von Richard Bandler, John Grinder und Frank Pucelik zu einem pragmatischen System verbunden wurden.

 

Bandler und Grinder untersuchten und extrahierten dabei die Sprache und das non-verbale Verhalten von Therapeuten wie

  • Fritz Perls, Begründer der Gestalttherapie
  • Virginia Satir, Begründerin der Familientherapie
  • Milton H. Erickson, einem Psychiater, der die moderne Hypnotherapie maßgeblich prägte

 

Neben der Psychologie und Psychotherapie spielten Erkenntnisse der Informatik, der Linguistik und der Neurowissenschaften bei der Entwicklung des NLP eine prägende Rolle.

Neuro-Linguistisches-Programmieren geht der Frage nach, wie Sprache und Kommunikation unser Denken und Handeln beeinflussen.

 

Bekannt geworden ist NLP durch Techniken, die auf Hypnose und neurologische Funktionen basieren. Diese trugen dann so plakative Namen wie, „Fast-Phobia“, eine Technik, die zum Beispiel Anwendung fand, um in Rekordzeit Phobien aufzulösen.

 

Ein Kern des NLP ist das Extrahieren und Vermitteln von Strategien erfolgreicher Persönlichkeiten.
Die als „Modelling“ bezeichnete Technik ist für sich genommen das einzige vom NLP selbst entwickelte Format, welches mit in das Repertoire des NLP-Werkzeugkoffers aufgenommen wurde.

 

 

Ein Beispiel für modelling von Strategien ist z. B. die – Achtung, noch ein toller Name – Disney-Strategie, in der Kommunikationsprozesse von Walter Disney in ein anwendbares und erlernbares Format für Projektentwicklung übertragen wurden.

 

Einen weiteren Kern hat es im Bereich der Kommunikationstechniken.

Was sagen unsere Kommunikationsmuster über uns selbst aus und wie werden wir damit von anderen wahrgenommen?

NLP kann helfen, Kommunikationsprozesse besser zu verstehen. Dazu findet es Anwendung in Pädagogik, Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung.

 

 

Der große Unterschied zu modernen Herangehensweisen, wie dem Systemischen-Coaching, ist heute die komplette Transparenz und Autonomie der Klienten. Hier wird nicht mehr gezaubert, sondern auf Augenhöhe entwickelt. Die Herausforderung für einen Coach ist es hier, seine eigene Sichtweise der Dinge herauszulassen und immer wieder abzugleichen, ob Coach und Klient noch im Sinne des Klienten unterwegs sind.




 

Kritik:

Die öffentliche Wahrnehmung und Nutzung dieses pragmatischen Pakets aus Kommunikations- und Therapietechniken gingen schon bald auseinander.

Für manche galt es im Bereich der psychologischen Beratung und im Coaching als cutting-edge. Andere sahen einen Haufen Headset tragender und “Chaka!“ rufender Aufschneider auf Showbühnen.

Methoden, die auf “Fast-Phobia“ basieren, finden auch 2022 immer noch in therapeutischen Sitzungen erfolgreich Anwendung.

Die Bezeichnungen sind nur ein wenig zurückhaltender geworden. Das, was NLP dabei sein oft unbeliebtes Image verpasst hat, ist die Art und Weise, wie es sich selbst transportiert und vermarktet hat.

Es fand aus dem Kontext gerissen schnell Anwendung im Sektor Verkauf und Verhandlung. Auf einer anderen Ebene vermischte es sich mit der aufkommenden New-Age Esoterik der 80er Jahre.

 

Dazu stand NLP oft in der Kritik, manipulativ zu sein. Im Grunde ist jeder Versuch den Inhalt eines Gehirns auf ein anderes Gehirn durch Kommunikation zu übertragen manipulativ.

Durch eine Bewusstwerdung dieses Austausches zwischen Sender und Empfänger kann NLP dazu beitragen, dass Kommunikation gelingt, denn es kann dazu genutzt werden, zu klären, und eine flexiblere, zielgerichtete Verbindung zwischen Sender und Empfänger herzustellen

Vom Nutzer dieses Werkszeugs hängt dabei das Ergebnis ab. 

NLP-Formate finden in der Mediation immer noch erfolgreich Anwendung. Ein Win-Win-Denken und ganzheitliches Einbeziehen aller Parteien im System ist dabei Voraussetzung.

 

Vielleicht wäre die Welt ein besserer Ort, wenn auf dem Briefing von Mediatoren und Coaches in Krisenverhandlungen nicht mehr:

„Lösen von Konflikten unter Einbeziehung aller Parteien im systemischen Zusammenhang, mit Einbeziehung ökonomischer und ökologischer Aspekte” stehen würde, sondern, wie früher im NLP: Delphin-Strategie.

Vielleicht.